In den Kreisen Bamberg und Haßberge wurden an mehr als 20 Orten schwarze Holzkreuze aufgestellt. Mehrere Gemeinden haben nach Hinweisen aus der Bevölkerung schnell reagiert. inFranken.de erklärt, was hinter der vermeintlichen „Gedenk-Aktion“ steckt.
- Schwarze Kreuze in mehreren fränkischen Gemeinden gesichtet
- Aktion hat rechtsextremistischen Hintergrund
- Kampagne soll laut Initiatoren an deutsche Opfer vermeintlicher „Ausländergewalt“ erinnern
- Landesamt für Verfassungsschutz klärt über eigentliches Ziel auf
- Aktion soll Angst vor Kriminalität schüren und Ressentiments gegen Ausländer verbreiteten
In mehreren oberfränkischen Gemeinden sorgten in den vergangenen Tagen schwarze Kreuze am Wegesrand für Verwirrung bei Anwohnenden. Die Holzkreuze waren vornehmlich an gut einsehbaren Stellen im öffentlichen Raum angebracht und enthielten teils Botschaften in Schriftform. So war am Rohrpfosten einer digitalen Geschwindigkeitsanzeige in Baunach (Landkreis Bamberg) beispielsweise ein schwarzes Lattenkreuz angebracht, auf dem in weißer, leserlicher Schrift „Deutsche Opfer“ stand. Was hat es mit der Aktion auf sich? inFranken.de klärt auf.
Kreis Bamberg: Gemeinde Rattelsdorf hängt fünf gefundene Kreuze umgehend ab – Hinweise aus der Bevölkerung
„‚Schwarze Kreuze – Kein deutsches Opfer wird vergessen!‘ ist eine bundesweite rechtsextremistische Szene-Kampagne„, erklärt das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) inFranken.de. Demnach wollen Rechtsextremisten mit der Aktion an deutsche Opfer vermeintlicher „Ausländergewalt“ erinnern. „Tatsächlich wollen die Initiatoren damit Ängste vor Kriminalität schüren und Ressentiments gegen Personen mit Migrationshintergrund verbreiten“, betont René Rieger, Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Medien des Landesamts.
Im Markt Rattelsdorf wurden insgesamt fünf schwarze Kreuze an verschiedene Ortsschildern montiert. Bei der Gemeindeverwaltung gingen diesbezüglich mehrere Hinweise von Bürgern und Bürgerinnen ein. „Die Kreuze wurden mit Kabelbindern befestigt“, sagt Roland Gehring, Geschäftsleiter der Marktgemeinde. „Wir haben die Kreuze eingesammelt und im Bauhof verwahrt. Die Polizei hat Kenntnis darüber.“ Vergleichbare Vorfälle habe es in den vergangenen Jahren im Markt Rattelsdorf seines Wissens keine gegeben. „Ich bin jetzt vier Jahre dabei. Mir ist nicht bekannt, dass so etwas vorher schon aufgetreten ist“, hält Gehring fest.
Deutschlandweit existiert die zweifelhafte Kampagne schon länger. „Die Aktion wurde am 13. Juli 2014 von einem Berliner Rechtsextremisten ins Leben gerufen“, berichtet das Landesamt für Verfassungsschutz. Demnach platzieren Rechtsextreme seitdem jährlich rund um den 13. Juli bundesweit und organisationsübergreifend schwarze Holzkreuze im öffentlichen Raum – oft an Ortseingängen an Straßenschildern.
Zahlreiche schwarze Kreuze in den Landkreisen Bamberg und Haßberge – „Aufmerksamkeit für Propaganda“
Nach Informationen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz wurde die überwiegende Zahl der Kreuzaktionen zunächst im Osten und Norden Deutschlands durchgeführt. In Hinblick auf aktuelle Zahlen verweist die Behörde indes auf den Telegram-Kanal „Aktion Schwarze Kreuze“. Laut diesem wurden 2021 an mehreren bayerischen Orten Holzkreuze aufgestellt – darunter ganze 14 Orte im Landkreis Haßberge sowie neun Orte im Landkreis Bamberg.
Ob innerhalb Frankens weitere Regionen betroffen sind, ist noch unklar. „Dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen aktuell keine abschließenden Informationen darüber vor, wie viele Kreuze jeweils aufgestellt wurden und ob noch an anderen Orten in Bayern schwarze Kreuze platziert wurden“, heißt es vonseiten der Landesbehörde. Die Aktion werde stets im Vorfeld auf unterschiedlichen sozialen Netzwerken, Kanälen und Messenger-Diensten massiv beworben und mit Bildern und Kommentaren begleitet.
Das Landesamt weist darauf hin, dass das wahre Motiv der Kampagne nicht von vornherein klar ersichtlich sei. Während bei zahlreichen Kreuzen nichts auf ein rechtsextremistisches Motiv hindeute, tragen einige Kreuze der Behörde zufolge Inschriften wie „Deutsche Opfer/Fremde Täter“, andere die Vornamen der Opfer. „Der rechtsextremistische Hintergrund ist für die Allgemeinbevölkerung nicht auf den ersten Blick erkennbar“, erläutert Landesamtssprecher Rieger. „So können Rechtsextremisten mit relativ geringem Aufwand eine gewisse Außenwirkung und Aufmerksamkeit für ihre Propaganda über die eigene Szene hinaus erzielen.“
Nach Messerattacke in Würzburg: NPD-Jugendorganisation stellt Holzkreuze auf – „Strategie von Rechtsextremisten“
Um zu verdeutlichen, welche Strategie die Initiatoren bei ihrer Kampagne verfolgen, verweist das Landesamt für Verfassungsschutz ein aktuelles Beispiel. „Am Umgang mit dem Messerangriff eines somalischen Staatsbürgers in Würzburg am 25. Juni 2021 lässt sich deutlich die im Zusammenhang mit der Aktion ‚Schwarze Kreuze‘ stehende Strategie von Rechtsextremisten, aus der Empörung über Gewalttaten politisches Kapital schlagen zu wollen, erkennen“, teilt René Rieger mit.
Laut dem Behördensprecher brachten Aktivisten der JN (Anm. d. Red.: Junge Nationalisten, Jugendorganisation der rechtsextremen NPD), nach der Gewalttat am vorletzten Wochenende an mehreren Ortstafeln in Würzburg und Umgebung Holzkreuze mit der Aufschrift „Würzburg ist überall“ an. Die Aktion stellte dem Landesamt zufolge einen Vorgriff auf den ‚Tag der schwarzen Kreuze‘ am 13. Juli dar.